"Die Analyse des Bodens ist Grundvoraussetzung für Precision Farming"

Ab Mitte Dezember hält Precision Farming Einzug in den Landwirtschafts-Simulator 19. Dr. Thomas Engel, der das Projekt bei John Deere leitet, spricht über die neuen Features sowie die Zusammenarbeit mit dem Softwarehersteller GIANTS und den Projektpartnern.

Text: Interview: Julian Stutz / Bilder: GIANTS Software

Herr Dr. Engel, wie trägt John Deere dazu bei, Precision Farming in den Landwirtschafts-Simulator zu bringen?

An diesem Vorhaben arbeiten wir gerade in einem gemeinsamen Projekt mit GIANTS Software, Universitäten und weiteren Projektpartnern. Dieses Projekt wird über EIT Food von der EU gefördert mit dem Ziel, mehr Wissen über moderne umweltgerechte Landwirtschaft in die Gaming Community und damit breitere Bevölkerungsschichten zu bringen. Wir von John Deere leiten das Projekt und bringen vor allem unser theoretisches und praktisches Wissen zum Thema Precision Farming und den beteiligten Technologien ein. Konkret sind wir gerade in der heißen Testphase des ersten Moduls, das Mitte Dezember in Form einer kostenlosen Download-Erweiterung erscheinen wird.

Welche neuen Möglichkeiten beinhaltet dieses Modul?

Die Grundlage von Precision Farming ist die genaue Kenntnis des Bodens und die Möglichkeit, ihn auf Basis der gewonnenen Daten zu bewirtschaften. Deshalb steht eine realitätsnähere Abbildung des Bodens im Mittelpunkt des ersten Moduls. Wer sich die Zusatzsoftware herunterlädt und installiert, wird die Möglichkeit haben, Bodenproben zu nehmen, die Ergebnisse zu kartieren und dann sein Feld entsprechend zu düngen, um die Erträge zu erhöhen.

Wie funktioniert das ganz konkret?

Um mehr über seinen Boden zu erfahren, fährt der Spieler des Landwirtschafts-Simulators mit einem John Deere Gator mit anmontiertem Probennahme-Gerät auf das virtuelle Feld. Dort nimmt er eine bestimmte Anzahl an Proben. So lange, bis das Spiel ihm angezeigt, dass er ausreichend Proben gesammelt hat, um das gesamte Feld abzudecken. Diese schickt er dann ins Labor und bekommt eine Karte zurück, die ihm genauere Informationen über sein Feld liefert.

Im Spiel wird es vier verschiedene Bodenarten geben, die unterschiedliche Anteile an Sand, Schluff und Ton aufweisen. Für jede Bodenart wurde ein anzustrebender  ph-Wert und ein Ertragspotential festgelegt. Im Ergebnis erfährt der Spieler dann, wie hoch das Ertragspotenzial bestimmter Bereiche seiner Felder ist. Diese Zahl geben wir in Prozent an, damit das Spiel international funktioniert. Eine absolute Angabe in Tonnen unsinnig, da die Erträge in den verschiedenen Regionen der Welt vor allem wegen des Klimas sehr unterschiedlich sind. 

Wie geht es dann mit der Düngung weiter?

Im ersten Schritt kann der Spieler Kalk streuen. Mit dieser Aktion beeinflusst er den ph-Wert des Bodens. Während er über das Feld fährt, bringt er unterschiedlich viel Kalk aus, je nachdem was die verschiedenen Bodentypen auf einem Feld verlangen – das ist Precision Farming zum Anfassen. Die Ausbringung von organischem Dünger erfolgt im nächsten Schritt gleichmäßig über die gesamte Fläche, ist also noch nicht variabel. Diese Möglichkeit soll es gegebenenfalls in weiteren Ausbaustufen des Moduls geben.

Flächenspezifisch wird dann wieder beim Mineraldünger gearbeitet. Dieser kann entweder als Flüssigdünger oder gekörnt ausgebracht werden, ganz wie der Spieler es möchte. Dabei gibt es zwei Modi. Im automatischen Modus wird die optimale Menge ausgebracht, die noch fehlt, damit der beste Ertrag erzielt wird. Im manuellen Modus ist die Herausforderung etwas größer. Da legt der Simulations-Landwirt selbst fest, wie viel Dünger er ausbringen möchte.

Und wie erfährt der Spieler, ob er erfolgreich gearbeitet hat? Wer auf Basis der Informationen sein Feld korrekt bearbeitet hat, holt das maximale Ertragspotenzial aus der Fläche heraus. Wer zu wenig gedüngt hat, erntet auch entsprechend weniger. Auch eine Überdüngung ist möglich. Diese hat jedoch nur bei Getreide einen negativen Effekt auf den Ertrag. Zudem schlägt sie sich in der abschließenden ökonomischen Betrachtung nieder, wenn der Gewinn am Ende geringer ist, weil zu viel Geld für den Dünger ausgegeben wurde. Neben dem ökonomischen Ergebnis bekommt der Spieler nach der Ernte mit dem Mähdrescher zudem eine Ertragskarte, die ihm einen Überblick über seine Flächen gibt.

Gibt es weitere Features, die in dem Modul enthalten sein werden?

Ja, eine weitere Möglichkeit, die neu sein wird, ist das automatische Lenken. Im Basisspiel gibt es bereits einen sogenannten Helper-Modus, der ebenfalls beim Lenken hilft, nun jedoch präziser vorgeht. Das Precision Farming Modul bringt nun die Möglichkeit ins Spiel, sich eine eigene John Deere Starfire RTK-Station auf einem Gebäude des Hofs zu installieren. Wer das tut und zudem einen RTK-Empfänger auf seiner Maschine hat, kann das automatische Lenken deutlich präziser nutzen und fährt mit einer Genauigkeit von zwei Zentimetern übers Feld. Damit werden Überlappungen z.B. beim Säen oder Düngen quasi auf Null reduziert, während sie sonst bis zu 10% betragen können.

Eine Simulations-Software zu entwickeln gehört ja normalerweise nicht zu Ihren Alltagsaufgaben. Wie funktioniert die Zusammenarbeit mit GIANTS Software?

Wir arbeiten gut und eng mit GIANTS und den anderen Projektpartnern zusammen. Alle zwei Wochen zeigt GIANTS in großer Runde die neuesten Fortschritte an dem Spiel und wir sprechen darüber, was passt und was noch geändert werden muss. So geht die Entwicklung sehr schnell und zielgerichtet voran.

In der Testphase prüfen die Projektpartner das Modul selbst auf Herz und Nieren. Von unserer Seite ist hier auch das John Deere Gaming Team dabei, das mit seiner Erfahrung da natürlich gute Hinweise gibt.  So wird das Modul stetig weiterentwickelt, bis es dann Mitte Dezember für alle Spieler zum Download bereitsteht.

Und wie geht das Projekt dann weiter?

Zunächst sind wir schon gespannt, wie das Modul bei den Spielern weltweit aufgenommen wird. Gleichzeitig planen wir schon die Weiterentwicklungen fürs nächste Jahr. Da soll auf jeden Fall das Feedback der Community einfließen, aber auch wir haben schon Ideen, wie es weitergehen könnte. Von der Möglichkeit, auch teilflächenspezifisch Gülle zu Düngen bis hin zum Einfluss der Vorfrucht auf die Stickstoffnachlieferung der Böden. Die Inspiration geht uns da nicht so schnell aus – die kommt schließlich aus der Realität.

Quelle: JOHN DEERE